Bauernhof über den Dächern von Tel Aviv

Bauernhof über den Dächern von Tel Aviv

Versteckt zwischen Hochhäusern findet man auf Israels ältester Mall einen ungewöhnlichen Betrieb – eine landwirtschaftliche genutzte Dachterrasse mit zwei Gewächshäusern, einer Fledermaushöhle und einem Ausbildungszentrum für Urban Gardening. Das Besondere an dieser Farm ist die Anbaumethode mittels Tiefwasserkultur, die den Wasserverbrauch und den Abfall reduziert.

2015 wurde das „Green in the City“-Projekt von der Hydroponik-Firma LivinGreen im Auftrag des Dizengof Centers ins Leben gerufen. Heute werden auf dem 750 Quadratmeter großen Dachgarten pro Monat 10.000 Salatköpfe geerntet, sowie 17 verschiedene Gemüsesorten und diverse Kräuter angebaut.

Bauernhof über den Dächern von Tel Aviv

Hydrokultur am Dach

Die Farm arbeitet hauptsächlich mit Tiefwasser-Kultur (Deep Water Culture/DWC), einem hydroponischen System, in dem Gemüse zweimal so schnell gedeiht wie in Gartenerde – und das mit weniger Wasserverbrauch und weniger Abfall.

Die Pflanzen werden als Sämlinge auf schwimmende Styroporplatten gesetzt, von dort wachsen sie durch Löcher in eine Nährstofflösung, die ständig in Bewegung ist und die Wurzeln so mit Sauerstoff versorgt. Es werden weder synthetische Dünger noch Pestizide benutzt, trotzdem erhalten die Produkte keine Biozertifizierung, weil Bio-Gemüse, laut einer Bestimmungen in Israel, in Erde wachsen muss.

Allerdings ist nicht die Zertifizierung das Ziel der Initiative, sondern die Förderung der urbanen Landwirtschaft und die Durchführung pädagogischer Workshops, um die hydroponische Dachgärtnerei auch anderen Bewohnern von Tel Aviv schmackhaft zu machen. Das Bildungsangebot reicht in diesem Bauernhof über den Dächern von Tel Aviv von der Einführung in die verschiedenen Anbau-Methoden bis zu Kochkursen.

Lavi Kushelevich, der für „Green in the City“ als Dozent arbeitet, meint, dass dieser Garten eine Anregung für viele Millennials werden könnte, damit auch sie beginnen, ihr eigenes Gemüse auf dem Dach zu ziehen und sie nicht, so wie die Eltern- und Großelterngeneration, dafür aufs Land in einen Kibbuz ziehen müssen.

Selbstbedienung im Shoppingcenter

„Green in the City“ verkauft fast alle Produkte an Privathaushalte oder Restaurants und die Lieferung erfolgt per Fahrradkurier. Ein Teil wird auch in der Mall in einem „Ehrlichkeitskiosk“ vertrieben. Dort liegt die ausgepreiste Ware, die sich der Kunde selbst nehmen kann und das Geld dann in eine Box einwirft. Lavi sagt, dass 80 Prozent der Leute bezahlen und das Gemüse sei so schnell weg, dass bis zu viermal am Tag aufgestockt werden müsse.

Die „Green in the City“-Initiative ist noch relativ jung, doch der Erfolg spricht für sich. Dizengof hat einen Weg gefunden, nachhaltig und auch ökonomisch zu arbeiten, um so die Tel Aviver mit günstigem, lokalem Gemüse zu versorgen. Und es ist ein schönes Symbol, dass sich ein Shoppingcenter – eigentlich Sinnbild des modernen Konsums – in einen Bauernhof über den Dächern von Tel Aviv verwandelt, der frische Nahrungsmittel für tausende Stadtbewohner schafft. Ein Beweis dafür, dass gutes Essen überall wachsen kann, selbst an den unerwartetsten Plätzen.

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