Der nicht mehr gebrauchte Stall

Der nicht mehr gebrauchte StallDie Landwirtschaft in den alpinen Regionen hat sich seit den 1960er Jahren enorm verändert. Diese Veränderung hinterlässt Spuren, die sehr stark an Gebäuden erkennbar wird: Einst wichtige Wirtschaftsgebäude wie Stall, Stadel und Futterhaus werden im Laufe der Zeit durch Laufstall, große Garagen für landwirtschaftliche Maschinen oder von Obstlagerhallen ersetzt. Die kleinen Gebäude von damals verlieren ihre Funktion und verkommen nicht selten zu Ruinen. Oder aber sie werden ganz anders genutzt: als Kunstgalerie, als Parkgarage oder als Wohnhaus.

In der thematisch äußerst spannenden Ausstellung „Der nicht mehr gebrauchte Stall“ wird die Frage nach der Zukunft des Stalls aufgeworfen. Soll er als Kulturgut erhalten bleiben? Soll er für neue Zwecke dienen? Oder hat er seine Daseinsberechtigung längst verloren?
Parallel zur Ausstellung in Meran finden Dorfgespräche statt, bei denen Vertreter aus Politik und Gemeinden, Fachleute wie Agronomen und Architekten und Landwirte gemeinsam über die Veränderung der Kulturlandschaft diskutieren.
Dabei geht es beispielsweise um die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft, die seit jeher in den Händen der Bauern liegt. Viele von ihnen sind aber heute als Nebenerwerbsbauern beschäftigt und haben schlicht keine Zeit mehr für die Erhaltung von altem Kulturgut. Wer übernimmt also künftig diese Aufgabe? Auch geht es um das Thema „Fremd in der Heimat“, wo der Tourismus in einem Ort oder in eine Region so einschneidend eingreift, dass kaum mehr Bauernhöfe übrig bleiben. Nur in benachbarten höher gelegenen Gegenden bleiben einzelne Hofgruppen erhalten.
Mit dieser Ausstellung „Der nicht mehr gebrauchte Stall“ kann ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass sich der ländliche Raum einschneidend verändert: Die ländliche Idylle, die gerne auf Hochglanzseiten verkaufsstarker Magazine wie LandLust, LandLiebe oder LandIdee gezeigt wird, existiert nur mehr am Papier. Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Und die Probleme dieser Wirklichkeit betreffen uns alle, gleichgültig ob wir in der Stadt oder auf dem Land leben.

Weitere Informationen: Die Ausstellung läuft bis 8. Jänner 2012 im Haus der Sparkasse, Kunst Meran
Ausstellung und Katalog sind eine Produktion vom Gelben Haus Flims, dem Vorarlberger Architektur Institut (vai), Kunst Meran, La Tour Samedan, dem Bündner Heimatschutz und der Zeitschrift Hochparterre.
Die nächsten Dorfgespräche finden am 12. 11. in Gröden und am 26. 11. in Villnöss statt.

Photo (1): Pfarrhaus Prettau, EM2-Architekten, 2007-2011, Prettau im Ahrntal
Foto: Günther Richard Wett
Photo (2): Pfarrhaus Prettau, Innenansicht, Foto: Günther Richard Wett
Photo (3): Bärenstadel; Architekt Walter Dietl, 1989, Laas im Vinschgau;
Foto: René Riller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

73 + = 78