Filmtipp: Weiberleut

Film WeiberleutBäuerinnen, die ihren Hof ohne Mann bewirtschaften, stehen im Dokumentarfilm „Weiberleut“ im Mittelpunkt. Dabei werden sechs sehr unterschiedliche Bäuerinnen porträtiert, die die schwierige Herausforderung der alleinigen Bewirtschaftung meistern. Schwierig im doppelten Sinn: Zum einen ist die Arbeit als solche körperlich anstrengend, zum anderen fehlt es heute noch immer an gesellschaftlicher Akzeptanz
Auf eine sehr ruhige einfühlende Weise porträtiert die Regisseurin Gertraud Schwarz die Bäuerinnen: Mehr lesen

Buchtipp: Food Crash

Bio? Das ist allenfalls ein Luxus für Wohlhabende. Denn die Aufgabe lautet, künftig neun Milliarden Menschen zu ernähren. Dies kann nur gelingen, wenn Nahrungsmittel industriell produziert werden.“ Ein durchaus logisches Argument, das gleich zu Beginn im Klappentext des erst vor wenigen Wochen erschienenen Buchs „Food Crash“ zu lesen ist. Dieser Aussage stellt aber der Autor Felix zu Löwenstein gleich die Frage gegenüber, ob der Hunger in der Welt nicht vielmehr die Grundlage für ein florierendes Geschäft der internationalen Agrar-Industrie mit Pestiziden, Düngemitteln und Gentechnik-Saatgut ist.
Der Autor selbst ist ein Kenner der Branche: Er ist Landwirt und arbeitete in der internationalen Entwicklungshilfe. Heute bewirtschaftet er seinen Betrieb biologisch und engagiert sich für den Anbauverband Naturland, für den Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und für das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL Deutschland).
Seine These lautet: „Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr“. Dies untermauert er mit vielen Beispielen, wie es im Einklang mit der Natur gelingen kann, die Ernährungsgrundlagen der Menschen zu sichern. Die großen Versprechungen der Agro-Gentechnik hinterfragt er äußerst kritisch und widerlegt u.a. die Aussage, dass mit dem Einsatz von GVO, mehr Lebensmittel zu produzieren seien. Er beschreibt die negativen Folgen wie Monokultur, das Verschwinden der Vielfalt oder die Bedrohung der Wahlfreiheit: Gab es 1975 weltweit noch über 7000 Saatzuchtfirmen, so befinden sich heute zwei Drittel dieses Marktes in den Händen von nur zehn weltweit operierenden Konzernen, wobei Monsanto den höchsten Marktanteil von 23 Prozent einnimmt.
Das Buch ist neben seiner hervorragenden Recherche und dem umfangreichen Hintergrundwissen des Autors mehr als empfehlenswert. Dazu kommt noch, dass Felix zu Löwenstein nicht mit der Moralkeule schwingt, ihn kommt es nicht in den Sinn, ob jemand konventionell oder ökologisch wirtschaftet zu einer Frage von „moralisch besser“ oder „unmoralisch“ zu machen. Was dem Buch und der gesamten Diskussion in Bezug auf Gentechnik mehr als gut tut. Das Emotionale wird durch das Rationale ersetzt und lässt so eine mehr als sachliche Diskussion rund um das Thema Gentechnik zu.

Felix zu Löwenstein
FoodCrash
Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr
Verlag: Pattloch
ISBN-10: 3629023002
ISBN-13: 978-3629023001

Regionale Lebensmittel in der Stadt

Wie kann ökologische Landwirtschaft in der Stadt funktionieren? Welche Freiräume bedarf es, um regionale Lebensmittel anbauen zu können? Wie müssen Häuser, Straßen und Plätze geplant werden, damit gesundes Essen in der Stadt gute Voraussetzung zum Wachsen findet? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Wanderausstellung „Die Produktive Stadt/Carrot City“, die 2009 an der Ryerson Universität in Toronto initiiert wurde. Die Ausstellung ist bereits viel gereist: Nach Stationen in New York City, Montreal und Casablanca ist sie ab 30. September in Berlin zu sehen, danach in München.
Regionale Lebensmittel im städtischen Raum, in der Gemeinschaft, am Gebäude, auf dem Dach – diese Bereiche thematisiert „Die Produktive Stadt/Carrot City“, die von Mark Gorgolewski, June Komisar und Joe Nasr kuratiert wurde. Die Schau richtet sich an Architekten und Städteplaner ebenso wie an Stadtbauern oder UrbanFarmer. Und an alle, die sich für zukünftige Entwicklungen der Stadt interessieren und für die Möglichkeiten der urbanen Landwirtschaft.
Bleibt zu hoffen, dass die Ausstellung nach ihrem Deutschland-Aufenthalt den Weg nach Wien und Zürich ebenso findet. Denn auch in diesen beiden Städten ist urbane Landwirtschaft immer mehr im Kommen, wie auf so manchem Blog-Eintrag von überLand nachzulesen ist. Der Anbau regionaler Lebensmittel ist längst zu einem Stadtthema geworden; und zeigt sich in unterschiedlichsten Formen: Vom Gemeinschaftsgarten bis hin zum Guerilla Gardening spannt sich der Bogen. Guerilla Gardening verkörpert was Verbotenes. Wohin sich die Guerilla Gardener entwickelten, wie weit ihre Aktionen reichen – mit diesen Themen beschäftigt sich in kurzer Zeit ein eigener Blog-Eintrag auf überLand. Stay tuned.

Weitere Informationen zur Ausstellung: www.carrotcity.org

Termine:
30. September 2011, 18.30 Uhr: Ausstellungseröffnung und Symposium, Architekturmuseum, TU Berlin, Straße des 17. Juni 150, UG
8. November 2011, 18.00 Uhr: Ausstellungseröffnung und Symposium,
Immatrikulationshalle, TU München, Arcisstraße 21, EG

Photo: Eagle Street Rooftop Farms at the East River, Greenpoint, Brooklyn; fotografiert von Joe Nasr

Zur Ausstellung erscheint das gleichnamige Buch:
Carrot City
Creating Places for Urban Agriculture
Mark Gorgolewski, June Komisar, Joe Nasr
Verlag: The Monacelli Press
ISBN-10: 1580933114
ISBN-13: 978-1580933117

Frisches Gemüse aus dem Garten

Pflichtlektüre für jeden Urban Farmer und Stadtbauern. Die Autorin Celia Brooks Brown beschreibt, was in ihrem kleinen Garten inmitten London das ganze Jahr über wächst. Dabei zeichnet sie ein gesamtheitliches Bild: Sie beginnt beim Säen, gibt Tipps zum Pflanzen und endet in der Küche beim Verarbeiten. Das Buch ist in Jahreszeiten eingeteilt, eine Liste zu Beginn jedes Monats beschreibt die einzelnen Gemüsesorten und wie weit ihr Wachstum gediehen ist. In der letzten Spalte gibt es Querverweise zu weiteren Informationen, was dieses Buch übersichtlich und leicht zu handhaben macht. Stimmungsvolle Fotos von Fauna und Flora aus dem Garten und ansprechende Bilder aus dem Bereich Food-Fotografie treffen voll den Geschmack der Stadtbauern. Bei den Rezepten ist die Rezensentin schon ein wenig kritischer: Beispielsweise die Birnen auf Schokoladenkuchen, die als Ganzes verwendet und aus dem Kuchen ragen, sind mutig. Ob sie auch so schmecken?
Nichts desto trotz ein sehr empfehlenswertes Buch über die Arbeit der Teilzeitgärtnerin Brooks, die von sich selbst behauptet: „Auch wenn ich mich nicht komplett selbst versorge, bin ich sensibel geworden für Nachhaltigkeit, für das Vermeiden von Einkaufswegen, für die Beibehaltung natürlicher Lebenszyklen“. Jetzt wisse sie auch, wie frisches Gemüse schmeckt. Sollten Sie noch kein Stadtbauer sein, dann sind Sie mit diesem Buch sicher auf dem besten Weg dorthin.

Die neue StadtGartenLust
Vom Säen, Ernten, Genießen
Celia Brooks Brown; Fotos: Jill Mead
Deutsche Verlags-Anstalt
ISBN 978-3-421-03823-4

Delikates Österreich

Regionale Lebensmittel sind im Trend. Als einen ganz wichtigen Trendsetter in Österreich darf der Verein „Kuratorium Kulinarisches Erbe Österreichs“ bezeichnet werden. Schon seit Jahren setzt sich dieser Verein für die Erhaltung österreichischer Ess- und Trinkkultur ein, bewahrt Rezepturen und typisch österreichische landwirtschaftliche Rohprodukte vor dem Aussterben. Als besonderes Highlight findet einmal im Jahr im Wiener Stadtpark das Genuss Festival statt. Bis zu 160 Produzenten aus ganz Österreich präsentieren dort auf einer sehr weitläufigen innerstädtischen Parkanlage ihre Produkte.
Für alle, die sich für regionale Lebensmittel interessieren, hat das Kulinarische Erbe einen fast drei Kilo schweren und 424 Seiten starken Band mit dem Titel „Köstliches Österreich“ herausgegeben. Das Buch ähnelt einem Kunstband und das kommt nicht von ungefähr: Die einzelnen landwirtschaftlichen Produkte oder Gerichte werden optisch sehr ansprechend präsentiert und erfahren dadurch besondere Wertschätzung. Neben den für die einzelnen Regionen typischen Produkte und Gerichte gibt es allerlei Rezepturen, z. B. für einen Altwiener Apfelstrudel mit von Hand gezogenem Strudelteig, es finden sich darin Geschichten um typische Nutztierrassen wie das Waldviertler Blondvieh oder die Südburgenländische Weidegans. Beiträge über den historischen Background komplettieren dieses Gesamtkunstwerk regionaler Lebensmittel Österreichs. Eine Besonderheit fehlt aber: Bauernbrot. Zwar finden sich Kaisersemmel und Kletzenbrot, aber eben kein Bauernbrot.
Dennoch: Gewaltige Fotos, ein bestechendes Layout machen dieses Buch zu einem Geschenke-Favoriten. Denn: Die nächsten Weihnachten kommen bestimmt.

Köstliches Österreich
Die 100 besten Gourmandisen
Brandstätter Verlag
ISBN: 3850334839

Landlust mal zwei

Sie heißen Landlust, Landfrust oder Landleben und füllen derzeit die Regale der Buchläden. Es geht immer um die gleiche Geschichte: Städter halten es in der Stadt nicht mehr aus, weil zu hektisch und zu stressig und zu oberflächlich. Da muss es doch noch mehr geben. Sie beginnen ihr Glück am Land zu suchen. Und siehe da, einige finden es auch. Axel Brüggemann beispielsweise findet sein Glück eher über Umwege. In seinem Buch „Landfrust“ zeichnet er wie der Titel schon verrät ein frustiges Bild der deutschen Provinz. Das Positive an seinem Landfrust ist: Er entzaubert das so häufig kolportierte romantische Bild des Landlebens, Brüggemann versucht mit den idyllischen Klischees aufzuräumen. Was dann in diesem Buch doch langweilig wird, ist die Redundanz seiner Standpunkte, die bald ins Lamentieren kippen. Trotz seelischer Tiefs probiert Brüggemann sein Landleben; bleibt ihm der Schluss zu wünschen: Das Leben auf dem Land lohnt sich.
Mit wesentlich mehr Humor geht da Hilal Sezgin im Buch „Landleben“ an die Sache ran. Sie beschreibt darin, ihre Entwicklung von der Stubenhockerin in der Großstadt zu einem Menschen, der sein Glück am Land, im Freien und mit der Natur findet. Dabei gibt es auch genügend Hindernisse zu überwinden. Lustig aber auch nachdenklich beschreibt Sezgin den Umgang mit ihren Tieren. Zu Beginn liebt sie ihre Tiere einfach nur. Was es aber bedeutet rund um die Uhr für sie da zu sein und sie auch zu pflegen, wenn sie Hilfe benötigen, beschreibt die Autorin auf eine sehr liebenswerte Weise. Viele tierliebende Städter werden sich bei ihrer Erzählung selbst wiederfinden.
Sollten Sie also Landlust empfinden, mit Landfrust und Landleben können Sie die Lust zumindest als Bücherwurm ausleben.

Axel Brüggemann
Landfrust
Ein Blick in die deutsche Provinz
Kindler
ISBN 978-3-4634-0592-6

Hilal Sezgin
Landleben
Von einer, die raus zog
Dumont
ISBN 978-3-8321-9623-3

Landwirtschaft in der Stadt

Bilderbücher zum Thema Garten gibt es genug. Eine spannende Alternative bildet das Buch „Urban Gardening“, das sich mit der Rückkehr der Gärten in die Städte intensiv auseinandersetzt. Die Soziologin Christa Müller behandelt darin den Garten aus politischer, gesellschaftlicher, ökonomischer, städtebaulicher und kultureller Sicht, zeigt auf, was hinter der Urban Farmer Bewegung tatsächlich steckt. Sie lässt weiters einige andere Autorinnen und Autoren zu Wort kommen, die in äußerst lesenswerten Essays ihren Standpunkt näher ausformulieren.
Christa Müller ist davon überzeugt, dass die Urban Farmer bereits eine Vorreiterrolle übernommen haben. Sie bauen mitten in der Stadt gesunde Lebensmittel an, teilen, tauschen oder verzehren sie gemeinsam. Die Stadt erhält so eine neue Lebensqualität. Damit entsteht aber auch ein neues Verständnis für Urbanität, das unsere westlichen Städte in der Zukunft prägen wird.
In der Mitte dieses empfehlenswerten Buches finden sich ein paar Seiten mit Fotos. Trotz Konzentration auf den Text, hätten mehr Bilder oder Skizzen, beispielsweise über die Stadt von Morgen, diesem Buch nicht geschadet. Dennoch ist „Urban Gardening“ sehr empfehlenswert für all jene, die schon immer mehr über die Stadtbauern-Bewegung wissen wollten.

Christa Müller
Urban Gardening
Oekom Verlag
ISBN 978-3-86581-244-4

Stadtbauern auf Touren

Ökologische Landwirtschaft in der Stadt, oder trendiger ausgedrückt Urban Farming ist in (fast) aller Munde. Begonnen hat es mit dieser Form der ökologischen Landwirtschaft in Kanada, dann ging die Bewegung in die USA über, wo sie in den Großstädten so richtig zum Trend gehypt wurde. Seit einigen Jahren sind die Urban Farmer mit ihren unterschiedlichen Konzepten der ökologischen Landwirtschaft auch in Europa angekommen. Speziell in Berlin brachten es einige Gärten bereits zu Popularität über deutsche Grenzen hinweg z. B. Rosa Rose, www.rosarose-garten.net oder die Prinzessinnengarten, www.prinzessinnengarten.net .
In der Schweiz gibt es ebenfalls spannende Ansätze: überLand berichtete auf diesem Blog bereits vom Aquaponic-Projekt der urbanfarmers, www.urbanfarmers.ch . Als Pioniere in Punkto Urban Farming gelten die
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„Artgerecht leben“

Bei diesem provokanten Titel kommt einem unweigerlich das Bild geschundener Tiere in den Hinterkopf. Im Buch geht es aber um Menschen, konkret um den Autor Johannes Liess, der – wie es im Untertitel heißt – auszog, ein Dorf zu retten. Und gleich im Prolog wird der Leser darauf eingestimmt, was es für den Autor heißt, auch als Mensch artgerecht zu leben: Da ist von freilaufenden Hühnern in Dörfern ohne Autoverkehr zu lesen, von Kindern die herumtollen und von den Alten beaufsichtigt werden, die unter der Dorfeiche sitzen und Kafee trinken, von glücklichen Menschen, die alle eine Arbeit haben und dafür auch angemessen entlohnt werden und, und, und … – ein Traum eben.
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