Alte Rassen suchen Bauer

Wenn Sie als ökologischer Landwirt oder Bio-Landwirt auf der Suche nach geeigneten Bauernhoftieren sind, dann könnte die folgende Veranstaltung spannend für Sie sein. Auf der Gästeliste haben sich interessante Persönlichkeiten eingetragen: Die dunkle Biene wird da sein, das Appenzeller Spitzhaubenhuhn und das Wollschwein ebenso, auch das Rätische Grauvieh sowie 22 weitere seltene Nutztierrassen nehmen an einer Schau der besonderen Art teil. Am 1. und 2. Oktober veranstaltet die ProSpecieRara eine Tier-Expo, die das Interesse an seltenen Tierrassen fördert.
Die Erhaltung alter Nutztierrassen hat nichts mit Liebhaberei zu tun, sondern ist notwendig, um einen großen Pool an Rassen und damit an genetischen Informationen zu erhalten. Das 1982 gegründete ProSpecieRara, eine Schweizerische Stiftung für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren, macht mit seinen Initiativen auf das Aussterben von Nutztierrassen aufmerksam. Allein in der Schweiz existieren heute nur mehr 20 Prozent von 151 bekannten Pferde-, Rinder-, Schweine-, Schaf- und Ziegenrassen. Der weltweite Trend sieht noch ärger aus: pro Monat stirbt eine Nutztierrasse aus. Damit es nicht soweit kommt, holt die Tier-Expo die seltenen Rassen vor den Vorhang und ermöglicht ein erstes Kennenlernen.
Schon in den 1980er Jahren konnten durch die Initiative von ProSpecieRara z. B. die Stiefelgeissen gerettet und eine Population mit Hilfe beteiligter Landwirte aufgebaut werden. Hin und wieder taucht auch eine vermeintlich ausgestorbene Rasse wieder auf, wie vor 5 Jahren die Kupferhalsziege.
In Österreich setzt sich die Arche Austria, der Verein zur Erhaltung seltener Nutztierrassen, für gefährdete Bauernhoftiere ein. Am 28. und 29. September findet ein Informationsseminar über Vermarktung und Vermarktungschancen seltener Rassen statt. In Deutschland informiert die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen, GEH. Unter den zahlreichen Veranstaltungen ist am 2. Oktober, der Tag der alten Haustierrassen im Oberpfälzer Freilandmuseum hervor zu heben.
„Noch vor 40 Jahren hätte niemand geglaubt, dass einst eine Ziege gefragt sein könnte, die zwar nicht so viel Milch und Fleisch gibt, aber dafür sehr extensiv gehalten werden kann“, so Philippe Ammann von ProSpecieRara. Heute, wo viele Betriebe im Nebenerwerb laufen, wo Almen dennoch abgeweidet werden müssen, ist eine Ziege wie die Stiefelgeiss z. B. wieder sehr beliebt geworden.
Gerade in Zeiten, in denen die Gentechnik die Landwirtschaft in vielen Teilen der Welt in den Würgegriff zu nehmen droht, in denen einzig hohe Produktionszahlen den bäuerlichen Alltag bestimmen, ist ein Gegentrend wie die Erhaltung der Pflanzen- und Tiervielfalt unerlässlich.

Mehr Informationen zur Tier-Expo auf ProSpecieRara, die von 1. bis 2. Oktober 2011 stattfindet.
Ort: Vianco-Arena, 5505 Brunegg

Photo (1): Appenzeller Spitzhaube; ProSpecieRara

Heu oder Stroh?

Landwirte und Stadtbauern wissen es natürlich. Aber nicht jeder Städter kennt den Unterschied zwischen Heu und Stroh. Mich inkludiert: Bei Heu dachte ich an getrocknetes Gras und Stroh? Ja, das ist die noch trockenere Variante von Heu. Ein bisschen daneben ist eben auch daneben. Liebe Landwirte und Stadtbauern: Verzeiht bitte an dieser Stelle einem unwissenden Städter. Aber: Ich habe mich schlau gemacht: Heu ist getrocknetes Gras, Stroh hingegen die getrockneten Halme oder Stängel von Getreidepflanzen.
Bei der Strohbank der britischen Designerin Hannastina Crick spielt dieser Unterschied sowieso keine Rolle. Bei ihren Entwürfen geht es vor allem darum, dass der Mensch wieder näher mit der Natur leben sollte. Er kann sich sogar ein Stück unberührte Landschaft ins Wohnzimmer transportieren lassen. Stroh als erdiger, biologisch abbaubarer Werkstoff wird bei diesem Entwurf geschickt mit britischem Handwerk und skandinavischem Design umgesetzt. Zeitgemäß und originell zeigt sich diese Strohbank, die nur mehr eine Frage aufwirft. Könnte dieses Möbel auch in Heu gemacht werden?

Entwurf: Hannastina Crick

Behagliche Unterkunft

Eine Outdoor-Wiege? Falsch! Ein neu gestylter Sprungbock? Noch falscher! Ein Bienenkorb? Gewonnen! Der junge britische Designer Tom Back möchte Bienen mit diesem auch optisch umwerfenden Korb einen natürlicheren Lebensraum ermöglichen als herkömmliche Bienenstöcke. Durch die Verwendung von Stroh erhält das innovative Bienen-Zuhause „Thrive Hive“ eine sehr gute Dämmung. Der bestens isolierte Behälter bietet Schutz vor harten Wintern und sorgt dafür, dass das Wetter den Bienen nichts anhaben kann und die Kolonien widerstandsfähiger werden. Mit diesem reduzierten Werkzeug für die Bienenhaltung möchte Tom Back auch den Einstieg in die Imkerei erleichtern. Sei es im Kleingarten oder auf dem Balkon; der Weg vom Stadtgärtner zum Stadtimker ist eben nur ein kurzer.

Vom 22. bis 25. September ist „Thrive Hive“ auf der Tent London, einer internationalen Design-Messe, zu sehen.

Mehr Infos: www.thumbdesigns.co.uk

Regionale Lebensmittel im Markt der Zukunft

Regionale Lebensmittel stehen hoch im Kurs. Meistens sind sie im Hofladen ums Eck, in gut sortierten Lebensmittelgeschäften oder im Biomarkt zu haben. Letzterer hat längst einen Imagewandel durchlebt. Sowohl die Kunden als auch das Aussehen dieser Märkte haben sich entscheidend geändert. Bestand früher die Mehrzahl der Käufer aus Birckenstock Trägern in selbst gestrickten Wollpullovern, ist das Aussehen der heutigen Klientel nicht mehr so einfach zuordenbar. Die Läden selbst waren voll geräumt mit Vollholzmöbeln, deren schweres Äußeres die Kundschaft zu erdrücken drohte. Es reichte, gesundes Essen zu verkaufen. Gesund musste nicht auch optisch ansprechend sein.
Ganz anders der Biomarkt von heute: Er stellt nicht nur seine gesunden und regionalen Lebensmittel in den Mittelpunkt, sondern schafft ein Umfeld, das architektonisch einzigartig ist, wie der jüngste Entwurf der Architektengruppe SPAN (Matias del Campo & Sandra Manninger) beweist. Die Architekten planen eine futuristische Marktlandschaft, in der das dargebotene Obst und Gemüse einen ganz natürlichen Bestandteil des Innenraums darstellt. Weiters schaffen sie von diesem Markt aus einen fließenden Übergang zum angrenzenden Naturschutzgebiet, wodurch das Thema Natur doppelte Bedeutung erfährt.
Interessierte Käufer aus Amstetten (Niederösterreich) und Umgebung können schon in einem Jahr in diesem Biomarkt ihre regionalen Schmankerln (Köstlichkeiten) erwerben. Ein bemerkenswertes Projekt: Es spiegelt den Wert von regionalen Lebensmittel in Form einer einzigartigen Architektur wieder. Und es beweist, dass Äpfel, Kartoffel und Tomaten auch was ganz besonderes sein können. Bitte mehr davon auch in den großen Städten!

Entwurf und Abbildung: SPAN (Matias del Campo & Sandra Manninger)
www.span-arch.com

Neues Leben für einen Stumpf

Ein Stumpf bleibt über. Trauriges Überbleibsel eines gefällten Baumes. Zu nichts mehr gut. Zu nichts mehr? Stimmt nicht. Der Künstler und Designer Hongtao Zhou gibt diesem Stumpf eine neue Funktion und haucht ihm neues Leben ein. Er verwandelt ihn in eine komfortable Liege; eine große hölzerne Axt dient als Rücken- und Armlehne; der Stumpf selbst ist die Sitzfläche, ein kleinerer Stumpf bildet die bequeme Auflagefläche für die Beine. Die Axt selbst wird aus Abfallhölzern produziert.
Ein schönes Beispiel für die Wiederverwertung eines für die Forstwirtschaft nutzlosen Stumpfes. Gerade im Jahr des Waldes ist dieses Objekt auch ein Anstoss dafür, um auf die Relikte unseres Waldes aufmerksam zu machen.

Entwurf: Hongtao Zhou, www.hongtaozhou.com
Ausgestellt im Vermont Studio Center

Frisches Gemüse aus dem Garten

Pflichtlektüre für jeden Urban Farmer und Stadtbauern. Die Autorin Celia Brooks Brown beschreibt, was in ihrem kleinen Garten inmitten London das ganze Jahr über wächst. Dabei zeichnet sie ein gesamtheitliches Bild: Sie beginnt beim Säen, gibt Tipps zum Pflanzen und endet in der Küche beim Verarbeiten. Das Buch ist in Jahreszeiten eingeteilt, eine Liste zu Beginn jedes Monats beschreibt die einzelnen Gemüsesorten und wie weit ihr Wachstum gediehen ist. In der letzten Spalte gibt es Querverweise zu weiteren Informationen, was dieses Buch übersichtlich und leicht zu handhaben macht. Stimmungsvolle Fotos von Fauna und Flora aus dem Garten und ansprechende Bilder aus dem Bereich Food-Fotografie treffen voll den Geschmack der Stadtbauern. Bei den Rezepten ist die Rezensentin schon ein wenig kritischer: Beispielsweise die Birnen auf Schokoladenkuchen, die als Ganzes verwendet und aus dem Kuchen ragen, sind mutig. Ob sie auch so schmecken?
Nichts desto trotz ein sehr empfehlenswertes Buch über die Arbeit der Teilzeitgärtnerin Brooks, die von sich selbst behauptet: „Auch wenn ich mich nicht komplett selbst versorge, bin ich sensibel geworden für Nachhaltigkeit, für das Vermeiden von Einkaufswegen, für die Beibehaltung natürlicher Lebenszyklen“. Jetzt wisse sie auch, wie frisches Gemüse schmeckt. Sollten Sie noch kein Stadtbauer sein, dann sind Sie mit diesem Buch sicher auf dem besten Weg dorthin.

Die neue StadtGartenLust
Vom Säen, Ernten, Genießen
Celia Brooks Brown; Fotos: Jill Mead
Deutsche Verlags-Anstalt
ISBN 978-3-421-03823-4

Delikates Österreich

Regionale Lebensmittel sind im Trend. Als einen ganz wichtigen Trendsetter in Österreich darf der Verein „Kuratorium Kulinarisches Erbe Österreichs“ bezeichnet werden. Schon seit Jahren setzt sich dieser Verein für die Erhaltung österreichischer Ess- und Trinkkultur ein, bewahrt Rezepturen und typisch österreichische landwirtschaftliche Rohprodukte vor dem Aussterben. Als besonderes Highlight findet einmal im Jahr im Wiener Stadtpark das Genuss Festival statt. Bis zu 160 Produzenten aus ganz Österreich präsentieren dort auf einer sehr weitläufigen innerstädtischen Parkanlage ihre Produkte.
Für alle, die sich für regionale Lebensmittel interessieren, hat das Kulinarische Erbe einen fast drei Kilo schweren und 424 Seiten starken Band mit dem Titel „Köstliches Österreich“ herausgegeben. Das Buch ähnelt einem Kunstband und das kommt nicht von ungefähr: Die einzelnen landwirtschaftlichen Produkte oder Gerichte werden optisch sehr ansprechend präsentiert und erfahren dadurch besondere Wertschätzung. Neben den für die einzelnen Regionen typischen Produkte und Gerichte gibt es allerlei Rezepturen, z. B. für einen Altwiener Apfelstrudel mit von Hand gezogenem Strudelteig, es finden sich darin Geschichten um typische Nutztierrassen wie das Waldviertler Blondvieh oder die Südburgenländische Weidegans. Beiträge über den historischen Background komplettieren dieses Gesamtkunstwerk regionaler Lebensmittel Österreichs. Eine Besonderheit fehlt aber: Bauernbrot. Zwar finden sich Kaisersemmel und Kletzenbrot, aber eben kein Bauernbrot.
Dennoch: Gewaltige Fotos, ein bestechendes Layout machen dieses Buch zu einem Geschenke-Favoriten. Denn: Die nächsten Weihnachten kommen bestimmt.

Köstliches Österreich
Die 100 besten Gourmandisen
Brandstätter Verlag
ISBN: 3850334839

Einfach Hey

Leider können Sie ihn nicht riechen. Aber in Natura duftet er. Nach frischem Heu. Genauer gesagt nach frischem, isländischem Heu, was soviel heißt wie „Hey“. Island deswegen, weil der Designer dieses Stuhls, Fabio del Percio, zwischen den Städten Savona und Reykjavik berufsbedingt pendelt.
In die Unterseite dieses Stuhls sind Löcher gebohrt, die den wohl riechenden Duft nach außen lassen. Natürlich lässt sich Hey auch mit anderen Materialien wie alten Zeitungen oder Stoffen füllen. Da kommen Menschen mit olfaktorischen Fähigkeiten nicht so auf ihre Rechnung. Mit Heu wirkt Hey authentischer. Das innovative Ding kann sowohl innen als auch außen verwendet werden. Aber nur bei Schönwetter. Regen könnte ihm zusetzen. Auch Kühe, Schafe, Hasen, Ziegen u. a. sind bitte von Hey fern zu halten.

Entwurf: Fabio del Percio

Landlust mal zwei

Sie heißen Landlust, Landfrust oder Landleben und füllen derzeit die Regale der Buchläden. Es geht immer um die gleiche Geschichte: Städter halten es in der Stadt nicht mehr aus, weil zu hektisch und zu stressig und zu oberflächlich. Da muss es doch noch mehr geben. Sie beginnen ihr Glück am Land zu suchen. Und siehe da, einige finden es auch. Axel Brüggemann beispielsweise findet sein Glück eher über Umwege. In seinem Buch „Landfrust“ zeichnet er wie der Titel schon verrät ein frustiges Bild der deutschen Provinz. Das Positive an seinem Landfrust ist: Er entzaubert das so häufig kolportierte romantische Bild des Landlebens, Brüggemann versucht mit den idyllischen Klischees aufzuräumen. Was dann in diesem Buch doch langweilig wird, ist die Redundanz seiner Standpunkte, die bald ins Lamentieren kippen. Trotz seelischer Tiefs probiert Brüggemann sein Landleben; bleibt ihm der Schluss zu wünschen: Das Leben auf dem Land lohnt sich.
Mit wesentlich mehr Humor geht da Hilal Sezgin im Buch „Landleben“ an die Sache ran. Sie beschreibt darin, ihre Entwicklung von der Stubenhockerin in der Großstadt zu einem Menschen, der sein Glück am Land, im Freien und mit der Natur findet. Dabei gibt es auch genügend Hindernisse zu überwinden. Lustig aber auch nachdenklich beschreibt Sezgin den Umgang mit ihren Tieren. Zu Beginn liebt sie ihre Tiere einfach nur. Was es aber bedeutet rund um die Uhr für sie da zu sein und sie auch zu pflegen, wenn sie Hilfe benötigen, beschreibt die Autorin auf eine sehr liebenswerte Weise. Viele tierliebende Städter werden sich bei ihrer Erzählung selbst wiederfinden.
Sollten Sie also Landlust empfinden, mit Landfrust und Landleben können Sie die Lust zumindest als Bücherwurm ausleben.

Axel Brüggemann
Landfrust
Ein Blick in die deutsche Provinz
Kindler
ISBN 978-3-4634-0592-6

Hilal Sezgin
Landleben
Von einer, die raus zog
Dumont
ISBN 978-3-8321-9623-3