Die Erste Wiener Soja-Messe

Erste Wiener Soja-Messe

Sie ist inhaltlich wie kulinarisch top, hat eine lange Tradition und fühlt sich trotz asiatischer Wurzeln in Österreich wie zu Hause: Die Sojabohne zählt zu den am vielfältigsten verwertbaren Pflanzenarten. Was alles in ihr steckt und welche hochwertigen Lebensmittel aus ihr werden können, das zeigte die „Erste Wiener Soja-Messe“ im Volkskundemuseum. über-Land Gastautorin Ruth Rybarski war für uns dort und hat etliches Neues entdeckt.

Gourmets und Fans der anspruchsvollen Asia-Küche wissen es längst: Sojasauce ist ein ganz besonderer Saft.
Dann vor allem, wenn er etwa vom Traunsee stammt oder aus der Nähe von Linz, er in Fässern des renommierten Bordeaux-Weinguts „Château Pichon-Longueville-Baron“ reifen konnte oder mit Einkorn zu einer bio-Kostbarkeit veredelte wurde.

Die „Erste Wiener Soja-Messe“ fand am 12. Juli 2022 im Palais Schönborn statt und gab einen guten Überblick, mit welcher Kreativität und welchem Knowhow sich Landwirt*innen und Manufakturen einem Lebensmittel widmen, das nicht nur Würzsauce wird: nämlich der Sojabohne.

Häfte der Bohnen zu Lebensmitteln verarbeitet

Mehr als 12.000 österreichische Bauern haben diese Pflanze bereits im Repertoire, rund ein Viertel davon im Bioanbau. Und, europaweit einzigartig: Gut die Hälfte dieser Bohnen wird nicht zu Tierfutter sondern Lebensmitteln verarbeitet.
Zu ihnen zählen neben Sojasauce etwa diverse Tofu-Arten – vom „klassischen“ über den aromaintensiven Räuchertofu bis hin zum puddingartigen Seidentofu – , Sojadrinks, Joghurt, pflanzliche „Vurst“, Öl, Desserts, Bolognese, durch Fermentation gewonnene Miso-Würzpasten oder der mittels spezieller Pilzkulturen gewonnene Tempeh.

Zudem gilt die Sojabohne mit ihrem vierzigprozentigen Eiweißanteil und ihrem Vitamin- B1-, B2-, Eisen- und Phytoöstrogenengehalt als gesund. Laut Studien verbessere sie den Cholesterinspiegel, senke die Gefahr für Prostata- und Brustkrebs und verhindere Wechselbeschwerden.
Auch wären Sojaprodukte, wie etwa die Wiener Universität für Bodenkultur errechnete, eine zukunftsweisende Alternative zur ressourcenintensiven und klimaschädlichen Tierproduktion. Sind für ein Kilo Fleisch zehn Kilogramm Soja-Futtermittel nötig, könnten durch die gleiche Pflanzenmenge, ohne Umweg über tierische Produkte, zehnfach so viel Menschen ernährt werden.

Tofu: der Anpassungsfähige

Die in Wien lebende Kochbuchautorin und studierte Soziologin Elisabeth Fischer hatte Tofu&Co bereits Ende der 1970er, in ihrem Münchner Veggie-Lokal „Keyno“ für sich und ihre Gäste entdeckt. Als stellvertretende Obfrau des Interessensvereins „Soja aus Österreich“, dem Ko-Partner der Soja-Messe, versucht sie durch Gastronomiefortbildungen, Videos und Publikationen beispielsweise die Skepsis gegenüber dem als langweilig geltenden Tofu zu zerstreuen: „Eben weil er keinen aufdringlichen Eigengeschmack hat, passt er sich allen Geschmacksrichtungen an – von asiatisch, mexikanisch, italienisch bis österreichisch“. Zudem gehe es ihr und dem Verein darum, populären Irrtümer zum Thema Soja entgegenzutreten – etwa der Behauptung, für Tofu müsse der Regenwald sterben.

Schuld an der Vernichtung der „grünen Lunge der Erde“ ist vielmehr der Konsum tierischer Produkte. Rund 80 Prozent des, an Stelle des Regenwalds angepflanzten Sojas dient als Futtermittel in der Massentierhaltung – auch in der österreichischen. Aus dem restlichen Regenwald-Soja entstehen Kosmetika, Biodiesel, Farbstoffe, Schmiermittel und zum kleinen Teil Lebensmittel wie Öle für Backwaren.

Außerdem sind Soja-Drinks nicht, wie die Grüne EU-Abgeordnete, Köchin und Landwirtin Sarah Wiener einst behauptete, „so künstlich wie eine Cola“ *. Vielmehr bestehen sie nur aus Sojabohnen und Wasser, manche Produkte werden mit Calcium oder anderen natürlichen Zusätzen angereichert. Und nein, Männern, die gerne Soja-Latte konsumieren, droht auch kein erhöhtes Brustwachstum, selbst wenn das im Netz gerne behauptet wird.

Frühe Experimente mit der Bohne

Neu ist Soja in Österreich übrigens nicht. Der Pflanzenbauexperte Fritz Haberlandt hatte bereits 1873 in Wien mit der Bohne experimentiert, in der Hoffnung, sie zu popularisieren, was der Industrie erst nach dem 2. Weltkrieg gelang.

Gestartet hat Haberlandt seine Bemühungen zur massentauglichen Kultivierung der Sojabohne übrigens genau dort, wo sich heute eine Art Info-Center zur Geschichte und Gegenwart der Sojabohne befindet – eben im Wiener Volkskundemuseum. Dort, in dem einstigen Gartenpalais Schönborn, befand sich von 1872 bis 1897 die neu gegründete Universität für Bodenkultur, an der Haberlandt wirkte.

Zum ständigen Angebot des Museums zählen, neben Forschungs- und Vermittlungsprojekten, eine virtuelle Soja-Ausstellung („MuSOJAm“) und ein Online-Audioguide. Mit der Sojamesse wurde nun das Spektrum erweitert, um Kleinunternehmen wie Großproduzent*innen publikumsnah zu präsentieren und noch wenig Bekanntes vorzustellen.

Zum Beispiel Edamame, eine spezielle, unreif geerntete und nussige Sojabohnenart. Angebaut wird sie seit einigen Jahren im burgenländischen Pöttsching und, im umfangreichen Rahmen, auch im niederösterreichischen Marchfeld. Mit der von dort stammenden Ernte wird übrigens ein international agierendes Tiefkühlunternehmen beliefert.

Und ein wenig off-topic, dafür zum asiatischen Ursprung der Sojabohne passend: Die vom Anbau her anspruchsvolle und teure Wasabi-Pflanze, beliebt als Geschmacksverfeinerung für Sushi und Maki, gibt es seit einiger Zeit auch aus dem südburgenländischem Oberwart. Und wird dort indoor, pestizidfrei, nach „zero waste“-Kritierien und der Methode der Aeroponik – die Wurzeln befinden sich in der Luft und werden mit Nährlösung besprüht – kultiviert.

*2016 in der Zeitschrift „enorm“

Die erste Wiener Soja-Messe – weitere Infos:

Musojam.blog
Audio.Volkskundemuseum.at
Soja.Volkskundesmuseum.at


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