Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht

Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht, Porträt Elisabeth Ruckserl

Im Lockdown der letzten Wochen hatte man den Eindruck gewonnen, jeder backt Brot. Und jene, die es noch nicht tun, stehen kurz davor. Für Newcomer des Brotbackens, aber auch für Sauerteigjunkies bietet das neueste Buch von Autorin Elisabeth Ruckser viele anregende Rezepte.

Warum griffen gerade im Lockdown so viele Menschen zu Germ, Wasser und Mehl? Zum einen hatten jene, die schon vorher gerne Brot backten, endlich mehr Zeit dazu; zum anderen steht das Brot für Wärme und Sicherheit. Und außerdem: „Es gibt nichts besseres als frisch gebackenes Brot“, so Elisabeth Ruckser.

Das Erlebnis des ersten Sauerteigs

Ruckser, die Gründerin der ersten Waldviertler Biobackschule, beginnt 2013 mit großem, journalistischem Interesse, sich fürs Brotbacken zu interessieren. Sie recherchiert und führt viele Gespräche mit der weit über die Landesgrenzen bekannte Holzofenbäckerin Roswitha Huber aus Rauris (Salzburg). Und dann probiert Ruckser es selbst aus, setzt den ersten Sauerteig an, der dann auch gelingt. Heute backt sie alle zehn Tage – drei Sorten stehen dann gleichzeitig auf dem Programm. Und wenn was überbleibt, wird es eingefroren.

Mühle, Backstube und Landwirtschaft

In ihrem neuesten Buch „Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht“ besucht Elisabeth Ruckser neun landwirtschaftliche Betriebe, einer in jedem österreichischen Bundesland. Und sie sammelt deren Brotbackrezepte, die teilweise von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Jeder der porträtierten Betriebe legt großen Wert auf die Auswahl der verwendeten Produkte und geht mit den Ressourcen wertvoll um. Da ist z. B. der oberösterreichische Hof „Hafner zu Wanzbach“: Bauer Andreas Hoffmann sah vor einigen Jahren für seinen Betrieb keine Zukunft mehr. Das Brot allerdings, das er damals gebacken hatte, erfreute sich vieler Liebhaber. Mit engagierten Mitstreitern fand er einen Weg aus der Krise, gründete eine Kommanditgesellschaft und vereint heute drei Projekte unter einem Dach: Mühle, Backstube und Landwirtschaft. „Wir arbeiten basisdemokratisch. Einen Chef, der allen sagt, wo’s langgeht, gibt’s nämlich nicht.“

Oder Waltraud Kedl, burgenländische Selbstversorgerin mit eigener Bio-Backstube. Sie tüftelt an Rezepten, macht ihre Brote aus Dinkel und stellt selbst gemachte Hafermilch her, damit auch Laktoseunverträgliche Menschen in den Genuss ihres Brotes kommen können.  

Das Buch „Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht“ hält eine Fülle von spannenden Geschichten über die Arbeits- und Lebensweisen der Bäuerinnen parat. Liebevoll gestaltet mit Fotografien von Sonja Prieler sind die über 50 Rezepte einfach erklärt. Am liebsten würde man als Leserin und Leser gleich selbst ein Rezept ausprobieren.

Interview mit Elisabeth Ruckser

Was konntest Du als Brotbackexpertin noch von den Bäuerinnen lernen?

Elisabeth Ruckser: Ich war erstaunt, welche Vielfalt wir an Brotrezepten zusammenbekommen haben. Es sind insgesamt über 50 verschiedene Rezepte im Buch vereint: von süß bis salzig.

Oder mit wie viel Achtsamkeit die Bäuerinnen ihre Grundprodukte auswählen. Da wird teilweise lange an Rezepten gefeilt. Die Tiroler Bäuerinnen treffen sich einmal im Monat im Brotbackhaus, damit nicht eine allein die Sauerei zu Hause hat. Mit viel Spaß gehen sie an die Sache heran und machen das Brot aus tiefster Überzeugung.

Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht, Biobackschule Drosendorf
Elisabeth Ruckser (Mitte) bei einem der Workshops in ihrer Biobackschule in Drosendorf (NÖ).

Was sind die wichtigsten Ingredienzien, damit ein gutes Brot entsteht?

Elisabeth Ruckser: Vor allem Zeit, aber ich muss auch ordentliche Grundprodukte verwenden. Woher kommt das Mehl, tu ich damit der Umwelt was Gutes? Ich muss mir den Bogen, vom „Acker bis zum Körberl“, gut überlegen – eben nicht irgendwelche Produkte verwenden.

Du hast im Waldviertel Deine eigene Brotbackschule. Was versuchst Du Deinen SchülerInnen dort mitzugeben?

Elisabeth Ruckser: Vom „Acker bis zum Körberl“ sollen die Produkte ethisch vertretbar sein. Bei meinen Workshops sind auch immer wieder die Bauern da und erzählen, wie die Produkte hergestellt werden. Meine Workshop-TeilnehmerInnen interessiert das sehr.

Was möchtest Du angehenden BrotbäckerInnen mit auf den Weg geben?

Elisabeth Ruckser: Einfach probieren und sich nicht entmutigen lassen. Vielleicht das erste Mal mit jemandem mitbacken, der es schon mal gemacht hat. Zum Einsteigen gibt es auch viele Youtube-Editorials.

Brotbacken ist in unserem Alltag umsetzbar. Es erfüllt einen mit Stolz. Ich sehe das immer wieder an meinen Workshop-Teilnehmern: Sie gehen zufrieden aus der Stube.

Ich danke für das Gespräch.

Die nächsten Workshops:

Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht Buchcover

20. Juni 2020: findet der Workshop „Grundlagen I: Semmel, Sauerteig & Hausbrot“ statt.
11. Juli 2020: Workshop „Sommer-Special Sauerteig & alte Sorten“
18. Juli 2020: „Brauchtumsbäckerei“
Ort: „Altes Bürgerspital“, Drosendorf an der Thaya (Niederösterreich)

Elisabeth Ruckser
Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht
Über 50 Rezepte für warmes, knuspriges Brot
Löwenzahn Verlag
ISBN 9783-7066-2663-7

Photos: Löwenzahn Verlag und Bio-Backschule

Ein Gedanke zu „Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht

  • 23. März 2021 um 18:13 Uhr
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    Hab ihren Vortag gerade im Fernseh gesehen sehr gut und interessant

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