Über Land ins Gespräch kommen

Ausstellung Elke Neumann in GrubeDas Leben auf dem Land hat oft wenig damit zu tun, wie es in Hochglanz-magazinen oder heimeligen TV-Sendungen gerne vermittelt wird. Statt Idylle und romantischer Verklärtheit hat das Land mit Problemen wie Landflucht, Überalterung oder eingeschränkten Chancen am Arbeitsplatz zu kämpfen. Dennoch bedeutet das Leben auf dem Land nicht provinzielle Kulturferne. Das beweist u. a. das Dorf Grube, wenn es am kommenden Wochenende zum Schauplatz einer sehenswerten Ausstellung über das Leben auf dem Land wird. Grube ist ein Dorf in der Prignitz im Nordwesten Brandenburgs. An verschiedenen Orten werden vom 16. bis 18. August die Arbeiten von 10 Künstlern aus Deutschland und der Schweiz gezeigt. Diese Arbeiten reflektieren die Aspekte des Landlebens und durch Gespräche mit Besuchern, Bewohnern und Künstlern sollen neue Perspektiven auf den ländlichen Raum eröffnet werden.

Kuratiert wurde die Ausstellung Blickfeld jdw von der Kunsthistorikerin Elke Neumann. Sie selbst ist in der Prignitz aufgewachsen und kennt auch den Ausstellungsort Grube sehr gut. Sie sprach mit über_Land über ihren Zugang zum Land und über die Hintergründe der Ausstellung.

Was war der Auslöser, eine Ausstellung über das Landleben zu machen?

Elke Neumann: Ich selbst komme vom Land. Das kleine Dorf Grube kenne ich aus meiner Kindheit sehr gut, denn die Familie meines Onkels lebt dort. Die Idee, eine Ausstellung auf dem Land und mit dem Thema Land zu machen, hatte ich schon vor einigen Jahren. Als ich während meines kuratorischen Voluntariats an der Schirn Kunsthalle Frankfurt lernte, Konzepte für Ausstellungen zu entwerfen und auszuführen, fiel mir auf, dass Land als Thema in der zeitgenössischen Kunst nur sehr am Rande thematisiert wird.

Wie gehen Sie an das Thema Land heran?

Elke Neumann: Das Thema Land verknüpft zwei sehr unterschiedliche Komplexe – einerseits die ersehnte Idylle und andererseits die Probleme ländlicher Räume, wie beispielsweise der demografische Wandel.Ausstellung Elke Neumann in Grube

Was hat denn die romantische Verklärtheit des Städters mit dem Land und seinen Menschen zu tun?

Elke Neumann: Diese Frage ist sehr berechtigt. Wenn man Dörfler und Städter getrennt voneinander betrachten würde, berühren sich die Ideen und Lebensweisen nicht alltäglich. Ich denke aber, dass die Verklärtheit der Städter dazu führt, die Probleme der Landbevölkerung weniger stark wahrzunehmen. Die mediale Präsenz der Idylle übermalt die realen Lebensumstände und die zum Teil fehlenden Konzepte für das Land als Lebens- und Arbeitsraum. Viele politische Entscheidungen werden aus städtischer Perspektive getroffen, ländliche Gebiete müssen Normen erfüllen, die für dicht besiedelte Gebiete festgelegt wurden. Die Verklärtheit entfernt Städter vom Land und umgekehrt. Diese Entfernung erscheint wenig wünschenswert und schmälert das Bewusstsein für die Probleme beider Räume, die ohne einander nicht denkbar sind.

Welchen Zugang schaffen Sie in Ihrer Ausstellung? Wie zeigen Sie das Land und seine Menschen?

Elke Neumann: Die Ausstellung gibt Besuchern die Möglichkeit, durch ein brandenburgisches Dorf zu streifen und 10 Kunstwerke zu verschiedenen Aspekten des Lebens auf dem Land anzuschauen. Als Besucher der Ausstellung wünsche ich mir Menschen aus Dörfern ebenso wie Menschen aus Städten, denn die Kunst soll die Menschen zum Nachdenken und miteinander ins Gespräch bringen. Man soll dem eigenen und einem fremden Lebensraum neu begegnen. Die Besucher werden an neun Orten zum Beispiel in eine Scheune oder ein Haus eintreten können und Gelegenheit haben, das Dorf auf offiziellen und versteckten Wegen zu erkunden. Landwirtschaft wird genauso ein Thema sein wie das Miteinander im Dorf oder der Abschied von einem Haus auf dem Land. Zudem haben einige Bewohner des Dorfes Grube in der Arbeit Innenansichten über die Dorf gesprochen. Die Ausstellung wird versuchen, vor Ort über Land ins Gespräch zu kommen.

Danke für das Gespräch.

Weitere Informationen über die Ausstellung finden Sie auf www.kulturgrube-prignitz.de

Foto (1): © Almut Linde, Dirty Minimal #34.1 Lieblingsmilchproduktionseinheiten, 2005

Foto (2): © Antje Schiffers/Thomas Sprenger, Ich bin gern Bauer und möchte es auch gern bleiben, Ferma Andrieseni, Rumänien, 2009

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